Im Februar 2021 haben wir mehrere Fälle bearbeitet, bei denen der Arbeitgeber nach dem gleichen Muster vorgegangen ist. Wahrscheinlich wird das Arbeitgebern gerade gelehrt.
Mitarbeiter werden entwertet.
Dies kann dadurch geschehen, dass im jährlichen Mitarbeitergespräch deutlich schlechtere Bewertungen gewählt werden als in der Vergangenheit, ohne dass der Mitarbeiter andere Leistungen erbracht hat als in den vorangegangenen Jahren. Verantwortlich für diese Abwertung fühlt sich dann oft der Mitarbeiter, insbesondere wenn er das dahinter stehende System des Arbeitgebers vom „Arbeitsplatzabbau ohne Abfindungen“ nicht durchschaut.
Bei Mitarbeitergesprächen betreffen die Vorwürfe häufig nicht tatsächlich zu überprüfende Sachverhalte, sondern vom Arbeitgeber gesteuerte Bewertungen. Da sind die „Softskills“ auf einmal für die Position nicht mehr ausreichend oder der Mitarbeiter verliere sich im „Mikromanagement“ oder sei nicht „durchsetzungsstark“. Alle Vorwürfe lassen sich genauso gut anders formulieren: Der Mitarbeiter sei zu stark auf der emotionalen Seite engagiert, zu oberflächlich oder rechthaberisch.
Ein Arbeitnehmer kann sich verhalten wie er will. Wenn der Arbeitgeber Grund zur Kritik finden will, findet er auf diesem Niveau immer etwas. Dass die menschliche Natur untrennbar fehlerbehaftet ist, war früher jedem klar. Man nennt dies „conditio humana“. Als die Menschen noch regelmäßiger in die Kirche gingen, verstanden sie auch den Unterschied zwischen Gott gleich und Gott ähnlich.
Der Direktor eines süddeutschen Arbeitsgerichtes hat bei einer Fortbildung der Industrie- und Handelskammer erklärt, er bekäme innerhalb eines Jahres jeden Mitarbeiter aus dem Arbeitsverhältnis ohne ihn zu kündigen. Was er dabei übersehen hat: Was macht das mit den Mitarbeitern, die bleiben?
2021 findet wieder eine Bundestagswahl statt. Meine Empfehlung ist: Achten Sie darauf, was Politiker für Menschen tun wollen und nicht für „die Wirtschaft“ oder „die Unternehmen“, wodurch Menschen nur mittelbar profitieren sollen.
Die Bundesregierung stellt Milliarden für die Rettung von Industrien zur Verfügung, die keine Zukunft haben können, wenn die Welt eine Zukunft haben soll. Für Menschen, die Jahrzehnte für kleines Geld gearbeitet haben, und nun durch eine Grundrente in ihren letzten Jahren etwas von einer reichen Gesellschaft abbekommen sollen, haben wir diese Milliarden bislang nicht übrig.

Rolf Schaefer
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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