Man sollte meinen, wenn ein Mitarbeiter mit gesetzlichem Kündigungsschutz gekündigt wird, dass der Arbeitgeber sich zuvor Gedanken gemacht hat, ob er einen hinreichenden (gerichtsfesten) Grund für diese Kündigung vorweisen kann. Die Praxis zeigt das Gegenteil. Viele Arbeitgeber geben sich gar nicht erst die Mühe, einen Kündigungsgrund zu suchen oder auch nur konkrete Vorwürfe vorzutragen. Gekündigt wird trotzdem. Über die gleichzeitig folgende Freistellung und gezielte Diskreditierungen und Beleidigungen des Arbeitnehmers im Prozess wird der Arbeitnehmer letztlich so mies behandelt, dass die Rückkehr in den Betrieb für ihn als kaum zumutbar erscheint. Das Vorgehen hat neben der Tatsache, dass der Arbeitnehmer bald nicht mehr mögen wird, noch einen weiteren Vorteil für den Arbeitgeber. Wenn der Arbeitnehmer sich provozieren lässt und gleichsam unsachlich zurückkeilt, wird dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, einen Auflösungsantrag zu stellen und das Arbeitsverhältnis gerichtlich auflösen zu lassen und damit genau das zu erreichen, was er mit der Kündigung allein gar nicht erreichen konnte.
Den Arbeitsgerichten unseres Landes ist das reichlich egal. Sie entscheiden nur über die gestellten Anträge. Dass ohne Substanz erfolgte Vorwürfe keine Kündigung rechtfertigen, erkennen sie so gut wie immer. Aber dabei bleibt es dann auch. Ohne Aussicht auf irgendeinen tragfähigen Grund mit der Absicht kündigen, dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz zu verleiden, ist höchstrichterlich gestattet, solange der Arbeitgeber es nicht offen zugibt (vgl. BAG, Beschluss vom 12.01.2021 – 2 AZN 724/20).
Vor solch einem Verhalten ist also niemand wirklich geschützt. Möglich ist nur Vorsorge. Bereits vor Beginn des Arbeitsverhältnisses sollte man sich informieren, wie ein Unternehmen allgemein seine Arbeitnehmer behandelt. Und eine Rechtsschutzversicherung mit Berufsrechtsschutz erspart einem im Falle des Falles vielfach die Kosten.

Lars Henze
Rechtsanwalt

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