Ein vormals tarifgebundenes Unternehmen zahlte nach Verbandsaustritt seit Jahren aufgrund betrieblicher Übung das tarifliche Urlaubs- und Weihnachtsgeld weiter an die Belegschaft. Für das Jahr 2022 stellte sie die Leistungen ein. Vor Gericht berief sich das Unternehmen darauf, es habe vor dem Hintergrund großer wirtschaftlicher Schwierigkeiten mit dem Betriebsrat vereinbart, die bestehende betriebliche Übung für das entsprechende Jahr abzulösen. Eine Betriebsvereinbarung darüber legte man nicht vor.
Das Arbeitsgericht Hannover (Urteil vom 30. Januar 2024 – 1 Ca 155/23) erteilte der Idee der Arbeitgeberin eine Absage. Unabhängig davon, ob die nicht mehr an den Tarifvertrag gebundenen Arbeitgeberin angesichts des Tarifvorrangs nach § 77 Abs. 3 BetrVG die Höhe eines Urlaubs- und Weihnachtsgeldes überhaupt gemeinsam mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung wirksam habe regeln können, fehlte dem Gericht konkreter Vortrag der Arbeitgeberin hierzu. Angesichts des gesetzlichen Schriftformerfordernisses für Betriebsvereinbarungen (§ 77 Abs. 2 BetrVG) hätte es außerdem nahegelegen, die entsprechende Vereinbarung vorzulegen, wenn es sie gegeben haben sollte. Sofern lediglich eine Regelungsabrede getroffen oder eine informelle Absprache erfolgt sein sollte, hätten diese die vertraglichen Ansprüche ohne einen auch von der Arbeitgeberin nicht behaupteten Umsetzungsakt in seinem Arbeitsverhältnis ohnehin nicht abändern können.
In der Praxis wird regelmäßig von Arbeitgebern behauptet, sie handelten mit Zustimmung oder in Absprache mit dem Betriebsrat. Dies allein macht aber eine Handeln nicht rechtmäßig. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit obliegt den Arbeitsgerichten.

Lars Henze
Rechtsanwalt

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